Die Familie ist tot!- Es lebe die Familie
Samstag, 23. Oktober 2010
Home Sweet Home
Nach etwa einer Woche auf Station habe ich die Nase voll von nervigen Putzfrauen, die mitten in der Nacht ins Zimmer gestürzt kommen, unzufriedenen Schwestern und hektischen Ärzten. Obwohl, so eine Putzfrau wäre eine ganz gute Idee für zu Hause. Ich bitte jedenfalls um die vorzeitige Entlassung. Da alles so weit in Ordnung ist, darf ich dann tatsächlich auch schon einen Tag früher nach Hause. Erleichterung macht sich bei mir breit. Andi kommt mit den Babysachen ins Krankenhaus. Also wird Sascha erst einmal in seine Erstausstattung verpackt. Die Sachen sind so groß, dass Sascha kaum zu erkennen ist. Es guckt gerade noch ein Teil des Gesichtes aus seinem Skianzug heraus. Mir hingegen passt nicht einmal eine meiner größeren Hosen. Also ziehe ich resigniert wieder meine hässliche Umstandshose an und das obwohl ich auch jetzt noch ein wahres Leichtgewicht bin. Meiner neuen Zimmernachbarin hingegen passt schon wieder ihre alte Jeans. Das ist unfair! Ich will auch! Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass es bei mir nur ein paar Tage länger dauern wird.
Baby Sascha guckt inzwischen noch interessiert in die Runde, aber kaum ist er im Autositz festgeschnallt, schläft er auch schon wieder. Schön. Auch während der Autofahrt schlummert er friedlich weiter.
Zu Hause angekommen begutachte ich die Wiege und Dekoration, die Andi mit unserer Freundin Andrea angebracht hat. Alles ist zu meiner Zufriedenheit. Doch was nun. Darf man das Baby wecken oder soll es lieber weiterschlafen? In der Klinik habe ich mich auch nicht getraut mein Kind anzufassen, es sei denn zu den Mahlzeiten. Ich hatte immer das Gefühl etwas falsch zu machen. Vielleicht geht es ja kaputt, wenn ich es hochhebe. Oder so ähnlich. Also entscheide ich mich erst einmal für Abwarten und gar nichts tun. Gespannt warten Andi und ich bis Baby Sascha sich meldet. Dann geht’s los, Füttern, Wickeln, Baden. Dann kommt Sascha wieder in die Wiege, wo er friedlich schläft. Andi und ich machen alles zusammen. Auch in der Nacht. Am nächsten Morgen sind wir beide logischerweise völlig fertig. Sascha hat sich wieder exakt an die vier Stunden zwischen den Mahlzeiten gehalten. Es bleiben zwischen den Mahlzeiten dann noch drei Stunden zum Schlafen. Aber erst einmal wieder in den Schlaf zu kommen ist das Problem. Es ist ja alles so aufregend und neu. Deshalb beschließen wir Schichten einzuteilen. Ich am Tag und Andi in der Nacht. Er sagt er kann nachts sowieso besser arbeiten. Damit wären dann alle zufrieden und jeder bekommt ausreichend Schlaf und Erholung. So weit so gut. Die Rechnung haben wir jedoch ohne unseren Sascha gemacht. Schon in der darauf folgenden Nacht hält er sich überhaupt nicht mehr an irgendwelche Zeiten. Er brüllt unkontrolliert zu jeder Uhrzeit und bevorzugt nachts. Stundenlang mit wachsender Begeisterung. Jackpot! Wir haben also ein Schreibaby. Wir sind beide total müde und alles beschränkt sich auf Baby versorgen, schlafen und essen. Doch warum macht Sascha nur so etwas. Ist ihm die Schwangerschaft nicht bekommen oder die Geburt? Kuscheln wir nicht häufig genug? Dann finden wir heraus Baby Sascha hat eine Kuhmilchunverträglichkeit, wodurch er nicht nur aussieht als wäre er in der Pubertät, sondern auch noch Koliken bekommt. Die Pickel treten schubweise auf. Bevorzugt am Mund und Po. Vielleicht juckt das auch? Er schreit sich also seinen ersten Nabelbruch zusammen. Womit haben wir das verdient? Wir versuchen mit Tropfen gegen die Blähungen, diversen Spezialnahrungen und Nabelpflaster alles. Die Blähungen bleiben trotzdem. Von der Spezialnahrung bekommt er Durchfall. Wir können uns also aussuchen, ob uns Pickel oder Durchfall lieber ist. In den Büchern und Zeitschriften hört sich alles ganz einfach an: das Kind trösten und ihm vorsingen und es streicheln, ein Bad nehmen… Alles Blödsinn. Unsere neue Strategie ist: Baby raus schieben, Fernseher anmachen und auf laut stellen und versuchen das Gebrüll wenigstens für ein paar Minuten zu ignorieren. Das ist Elternliebe.
Mit der Zeit entdeckt man dann an seinem Baby noch weitere Eigenarten: Sascha geht sehr gerne schwimmen. Er versucht nur ständig sich dabei so zu drehen, dass er mit dem Kopf unter Wasser kommt. Sind wir so schlechte Eltern das er versucht sich das Leben zu nehmen?
Nach kurzer Zeit ist es dann geschafft. Sascha schläft gut durch und schreit auch am Tag, dank der richtigen Babynahrung und Tropfen gegen die Blähungen kaum noch. Unsere Augenringe verschwinden langsam.
Damit Sascha noch weniger schreit probieren wir auch mal ungewöhnliche Sachen aus. Morgens wenn er anfängt zu schreien um seine Milch zubekommen warten wir so lange bis er eine Pause macht. Kaum ist es ruhig, laufen wir an sein Bett und lächeln ihn an. So verrückt es klingt nach einer Woche gibt es vor den Mahlzeiten kein Geschrei mehr, sondern nur noch ein lächelndes Baby wenn wir Eltern an sein Bett kommen.
Nur noch einmal entdeckt Sascha seine experimentelle Ader. Sein Experiment im vierundzwanzig Stunden Dauerschreien bricht er dann nach vierzehn Stunden völlig erschöpft ab. Hoffentlich wiederholt er es nicht.
Im Laufe der Zeit haben Andi und ich uns an unsere neuen Aufgaben gewöhnt und wir haben uns gut eingespielt. Jeder hat seine festen Aufgaben. Dadurch ist nicht immer nur einer von uns gestresst, sondern wir beide gleichmäßig.

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Letzte Aktualisierung: 2010.12.20, 08:58
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