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Sonntag, 17. Oktober 2010
Seltsame Verwandlungen
maria sybilla merian, 20:38h
Eine Schwangerschaft ist eine sehr aufregende Zeit im Leben, besonders wenn es die erste ist. Diese Phase kann eine Frau sehr verändern. Eines Morgens wachst du auf und du erkennst dich nicht wieder. Bisher unbekannte Gedanken und Gefühle habe von dir Besitz ergriffen. Meinem Mann erklärte ich immer, dass dies wie eine Pubertät in neun Monaten sei. Die hormonellen Veränderungen kommen manchmal so schnell über mich, dass ich gar nicht weiß wie mir geschieht. in der Pubertät gibt es zwar auch so etwas, aber der Körper hat mehrere Jahre Zeit um alle Veränderungen zu durchlaufen. Mit dem wachsenden Bauch stellte ich nicht nur körperliche, sondern auch seelische Veränderungen an mir fest. Nicht immer zu meiner Freude.
Zuerst beobachtete ich an mir das Phänomen einer Wesensveränderung. War ich vorher eher der rationale Typ, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand, so änderte sich dies jetzt schleichend. Das alles ging sehr langsam voran und fiel mir am Anfang gar nicht auf. Ein Beispiel: Zum Anfang der Schwangerschaft konnte ich mir Sendungen wie „Schnulleralarm“ noch relativ unbeschwert angucken. Die Babys waren niedlich und die Geburten sahen beschwerlich aus. Das interessierte mich aber nicht besonders. Es war eher so, dass man sich dies ansah und dachte: „Aha, so geht das also im Kreißsaal oder zu Hause. Das werde ich schon irgendwie hinkriegen.“ Dann bemerkte ich wie das Ganze mich immer mehr beunruhigte. Gleichzeitig durfte ich jedoch keine Sendung verpassen. Das wiederum ging Andi ganz schön auf die Nerven. Vorher hatten wir einen ähnlichen Fernseh- und Filmgeschmack, doch jetzt gingen unsere Meinungen immer weiter auseinander. Ich stellte fest, dass mir nun immer häufiger die Tränen in die Augentraten während ich mir diese Sendungen ansah. Andi langweilte sich fast zu Tode, während ich gebannt vor der Mattscheibe saß, als handelte es sich um den neuesten Horrorschocker. Dann wurde es für uns auch allmählich Ernst. Wir mussten uns langsam eine Klinik für die Entbindung aussuchen. Dabei kann von aussuchen nicht die Rede sein. Es gab ja nur zwei Kliniken zur Auswahl, wobei nur eine in Frage kam, da ich in der anderen arbeitete und auf den Klatsch und Tratsch keine Lust hatte. Wir fuhren zu einem Vorbereitungsabend in das verbliebene Klinikum, wo uns alles über die Geburt und die Räumlichkeiten erklärt wurde. Es sah ja auch alles sehr schön aus und in der Theorie hörte sich auch alles ganz gut an. Eine tolle Periduralanästhesie hier und ein bisschen pressen da und schon liegt man glücklich und zufrieden mit seinem Baby auf Station. Die Kreißsäle natürlich chic renoviert und mit allen erdenklichen Möglichkeiten um das Baby zur Welt zu bringen ausgestattet. Von der Wanne für das Entspannungsbad bis zum Gebärhocker. Saß ich anfangs noch relativ locker auf meinem Stuhl, so begann ich nun nervös hin und her zu rutschen. Ich bekam leichte Beklemmungen. In meinem Kopf hatte ich nur das Bild wie ich dort lag und versuchte ein Baby aus mir herauszupressen. Ich schaute an mir herunter und fand, dass mein Becken nicht besonders gebärfreudig aussah. Vor der Schwangerschaft hatte ich nur fünfundvierzig Kilogramm gewogen bei einhundertdreiundsechzig Zentimetern Körpergröße. Ich hatte bis jetzt auch kaum zugelegt und machte mir, obwohl ich erst im fünften Monat war, ernsthafte Sorgen. Kaum war alles vorbei, da wollte ich trotzdem nur noch nach Hause. Ich verspürte nicht den geringsten Drang mir jetzt auch noch die Kreißsäle anzusehen wie es die anderen Frauen taten. Das war wohl eine zu große Portion Realität für mich. Ich konnte nicht einmal erklären warum mich dies alles so aufregte. Obwohl wir noch einige Monate Zeit hatten, rückte auf einmal alles in greifbare Nähe und versetzte mich fast schon in Panik. Aber das schob ich erst einmal beiseite. Diese neu gewonnene Emotionalität machte sich auch bei Diskussionen bemerkbar. Es war vorher gar nicht meine Art gewesen. Ich war immer der Meinung, man könne alles ausdiskutieren und zwar ruhig und vernünftig. Aber manchmal war ich nun keinen vernünftigen Argumenten mehr zugänglich. Ich beharrte stur auf einem Standpunkt, obwohl es manchmal keinen vernünftigen Grund dafür gab. Im weiteren Verlauf der Schwangerschaft ging mir dann auch noch allmählich die Fähigkeit zu kommunizieren verloren. Zuerst hatte ich Probleme, langen Vorträgen oder Gesprächen zu folgen, dann konnte ich kaum noch einfachen Gesprächen folgen und schließlich kaum noch etwas Sinnvolles sagen. Ich begann zu stottern, oder minutenlang zu überlegen, was ich eigentlich sagen wollte. Auch vergaß ich die einfachsten Dinge und musste mir alles aufschreiben. Ich hatte zwar davon gehört, dass dies besonders im Endstadium der Schwangerschaft häufig auftritt. Ich konnte mir das aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass es mich treffen könnte. So, muss sich also das Anfangsstadium von Alzheimer anfühlen dachte ich mir und war gleichzeitig froh, dass dies nur ein vorübergehender Zustand sein würde. Oder etwa nicht? Vielleicht lag es ja auch gar nicht an der Schwangerschaft. Vielleicht wurde ich ja wirklich schon senil. Und das in meinem Alter! Als nächstes stellte ich an mir fest, dass ich auf einmal eine häusliche Ader entwickelte. Mich interessierte die Ausstattung für das Baby viel mehr, als irgendwelche Fragestellungen auf dem Gebiet der Wissenschaft zu lösen. Es gab Zeiten, da war das umgekehrt. Ich konnte kaum verstehen warum einige Mütter sich so viele Gedanken machten. Doch nun war es eben anders. Schließlich gab es soviel zu bedenken. Wo soll das Baby schlafen, essen, baden und gewickelt werden? Was müssen wir noch für Möbel besorgen. Wie unsere Wohnung babygerecht ausstatten? Und das wichtigste: Was zieht so ein Baby denn an und wo kriege ich die niedlichsten Sachen zu einem vernünftigen Preis? Schon früh fing ich an in den Katalogen zu blättern und zu bestellen, sowie durch sämtliche Kaufhäuser zu rasen. Gebrauchte Sachen bekamen wir von Andis Schwester. Ständig lag ich ihm in den Ohren er müsse sie dringend abholen. Das Baby könnte ja auch früher kommen als geplant. Schließlich sind neun Monate ja auch nicht so lang, wie man denkt. Es sollte doch alles fertig und perfekt sein wenn das Baby kommt. Andi teilte meinen Enthusiasmus nicht ganz, machte dann aber notgedrungen mit, weil er so vernünftig war zu erkennen, dass es keinen Sinn machte mich zu bremsen. Nur manchmal wurde es ihm auch zu bunt. Er konnte die ganze Aufregung um so ein kleines Würmchen, dass noch nicht einmal auf der Welt war wohl nicht ganz verstehen. Er freute sich zwar auch auf das neue Baby und wollte ihm ein schönes Zuhause schaffen, aber schließlich würde es die Kataloge und Kaufhäuser auch noch nach der Geburt geben. Es wäre bestimmt auch nicht schlimm einige Sachen, die man vergessen hatte erst nach der Geburt zu besorgen. Und so hatte er auch die Wiege von seinen Eltern erst geholt, als ich schon mit unserem Baby im Krankenhaus lag. Auch die Dekoration des Schlafzimmers wurde erst in dieser Zeit vorgenommen. ... link (0 Kommentare) ... comment ... older stories
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Letzte Aktualisierung: 2010.12.20, 08:58 status
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