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Samstag, 16. Oktober 2010
Schwangerschaft ist keine Krankheit
maria sybilla merian, 20:30h
Am Anfang meiner Schwangerschaft hatte ich das Glück eine neue Arbeit zu finden. Als Frau ist es ohnehin schwer in der Wissenschaft Fuß zu fassen. Im Vorbeigehen noch eine neue Stelle zu ergattern - kaum machbar.
Wenn man als Frau schwanger ist, dann ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Zu dem Zeitpunkt als ich mich bewarb, wusste ich noch nicht wirklich, ob ich schon wieder schwanger war. Vorsichtshalber erwähnte ich es jedoch beim Vorstellungsgespräch das es im Bereich des Möglichen wäre, dass ich Nachwuchs erwartete. So etwas ist normalerweise überhaupt nicht klug oder ratsam. Ich dachte mir jedoch diesmal möchte ich eine Chefin, die damit einverstanden ist, wenn ich eine Familie gründe. Ich glaubte es wäre dann alles stressfreier. Ich will dann nachher nicht als die Dumme da stehen. Ich rechnete mir keinerlei Chancen aus, den Job zu bekommen. Ich war jung, unerfahren und in anderen Umständen. Zu vergeben war eine sehr gut bezahlte Stelle mit Leitungsfunktion. Dann geschah dass womit ich nicht gerechnet hatte. Ich sollte die neue Stelle antreten dürfen. Ich freute mich als hätte ich im Lotto gewonnen. Die Chefin verkündete dann, dass sie viel Verständnis für Kinder habe und dies alles kein Problem. Sie hätte ja selbst Kinder gehabt, die mal klein waren und wir würden dann erst einmal etwas kürzer treten. Wenn ich dann wieder da wäre, könnten wir ja richtig los legen. Ich müsste mir auch keine Sorgen machen, dass ich Familie und Job unter einen Hut bringen könnte. Hier würden alle im Labor immer pünktlich gehen. Das alles war irgendwie irreal. Das hörte sich viel zu gut an. Wo war der Haken? Eine Stelle mit ganzer Bezahlung plus Kinderfreundlichkeit und das an der Universität! Ich konnte es kaum glauben. Zuvor hatte ich nur einen halben Verdienst. Arbeiten musste ich jedoch als hätte ich eine volle Stelle und mehr. Es wurde immer gesagt, man arbeitet ja schließlich für die eigene Doktorarbeit. Für mich ist das eher moderne Leibeigenschaft. Selbst in den USA, wo es sonst so gut wie keine soziale Absicherung gibt, arbeiten alle Doktoranden für ein volles Gehalt. Ich war also mehr als froh, den alten Job hinter mir zu lassen, auch wenn sich auf der neuen Stelle für mich keine Gelegenheit einer Promotion ergab. Nur leider (oder zu meinem Glück) wusste ich da noch nicht was mich erwartete. Vielleicht hätte ich mich sonst anders entschieden? Im ersten Monat war auf der neuen Stelle auch alles in Ordnung. Ich konnte in Ruhe meiner Arbeit nachgehen und bekam Zeit mich mit den neuen Tätigkeiten vertraut zu machen. In erster Linie beschäftigte ich mich mit Literatur und versuchte mir die Standardmethoden anzueignen. Dann stellte ich jedoch fest, dass die neue Tätigkeit keineswegs mit einer Schwangerschaft konform ging. Ich wollte zuerst nichts dazu sagen. Man möchte sich ja als die Neue nicht gleich unbeliebt machen bei den neuen Kollegen. Ich versuchte mich so weit es eben ging von den gefährlichen Chemikalien fern zu halten. Dies ist jedoch gar nicht so einfach wenn der Schreibtisch aufgrund der Enge im Lager für Chemikalien untergebracht ist und diese auch noch offen herum stehen. Es stank erbärmlich in dem Raum. Ich musste was unternehmen. Es ging jetzt nicht nur um mich. Also musste ich die andere Arbeitsgruppenleiterin darauf ansprechen. Die reagierte schon mit Unverständnis. Aber sie nahm sich zusammen und beseitigte die vor sich hin gasenden Behälter aus meinem Arbeitsbereich. Aber damit war es noch nicht genug. Nachdem ich mich literarisch in das Thema eingearbeitet hatte, folgte nun die praktische Arbeit. Das hieß acht und mehr Stunden an einem Mikroskop zubringen und die Bilder am Computer auszuwerten. Die Tische und Stühle waren uralt und wohl nie zum Zwecke dieser Tätigkeiten gefertigt worden. Der Stuhl war so hoch, dass meine Beine in der Luft baumelten. Aber das war auch schon egal, denn unter dem Tisch war ja sowieso kein Platz für sie. Über die Rückenschmerzen brauchte ich mich also nicht zu wundern. Als ich mich darüber beschwerte wurde mir gesagt, dann müsse ich eben eine Pause machen. Das Problem war nur wenn ich eine längere Pause machte, dann schaffte ich meine Arbeit nicht und musste die Zeit hinten ran hängen. Oft musste ich mir anhören, dass Schwangerschaft keine Krankheit sei. Das habe ich auch nicht behauptet. Aber warum kann ich dann kaum noch kriechen? Ich glaube eher die miesen Arbeitsbedingungen waren daran Schuld. Aus anderen Bereichen habe ich gehört, dass bei Schwangeren eine Arbeitsplatzbegehung durchgeführt wurde. Anschließend hatten diese Frauen neue Sitzmöbel erhalten und die Auflage nicht zu lange am Computer zu arbeiten. Komisch. Bei mir hatte dies niemand getan. Als ich mich erkundigte musste ich erfahren, das meine Schwangerschaft auch noch gar nicht gemeldet worden war. Mir wurde gesagt das wäre meine Sache. Ich müsste mich darum kümmern. Also kümmerte ich mich darum. Ich war nun schon im fünften Monat. Ich ging zur Betriebsärztin. Sie fragte nur ob ich am Arbeitsplatz zu recht kommen würde und als ich sagte eher nicht musste ich mir anhören, dass es ja schon so schlimm nicht sein würde. Die Krönung war jedoch als ich auf den Flaschen für das Mikroskopieröl welches ich bei meiner Arbeit am Tag ungefähr fünfhundert Mal in die Hand nahm die Aufschrift: „ Kann das Kind im Mutterleib schädigen“ fand. Sofort lief ich zu meiner Chefin. Hatte ich Verständnis erwartet so wurde ich bitter enttäuscht. „Du sollst das Zeug nicht trinken Mädel“, war die niederschmetternde Antwort. Ich verstand die Welt nicht mehr. Sie war Ärztin! Sollte sie nicht am besten wissen, dass Öle auch über die Haut oder Ausdünstungen über die Atemwege aufgenommen werden. Ich versuchte sie mit meinen Argumenten vergeblich zu überzeugen. Auch von den anderen Kollegen erfuhr ich keine Unterstützung. Sie waren nur froh, dass sie diesmal nicht die Opfer waren, denn die cholerische Chefin machte jeden mal nieder. Von den Kollegen musste ich nur hören, dass sie früher ja auch mal schwanger waren und da hätte niemand ein Aufheben um die giftigen Stoffe gemacht. Ihre Kinder seien ja auch gesund zur Welt gekommen. Ich solle mir keine Sorgen machen und so tun als ob nichts wäre. Langsam schwante mir warum ich diese Stelle bekommen hatte. Niemand sonst würde sich das freiwillig antun. Ich war froh, dass meine Schwangerschaftsbeschwerden solche Ausmaße annahmen, dass ich zu Hause bleiben durfte. Hier konnte ich auf der Couch liegen und mich auszuruhen wann ich wollte. Nur war es ja mit der Ruhe schnell vorbei und die Beschwerden machten mir mein Leben und meine Schwangerschaft zur Hölle. ... link (0 Kommentare) ... comment ... older stories
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